Für manche von Ihnen mag es hoffnungslos anachronistisch sein, einen Verlag als „Eine Welt aus schönen Büchern“ zu bezeichnen. Was ist schon Schönheit?
Neulich habe ich mal wieder das wirklich wunderbare Buch Die schönsten Buchhandlungen Europas in die Hand genommen. Darin schreibt Rainer Moritz, besonders schöne Buchhandlungen seien solche, „die sich durch unverwechselbare Eigenarten auszeichnen, die – unabhängig von ihrer Größe – Individualität an den Tag legen, von Enthusiasten unterschiedlichster Couleur betrieben werden und, wie die Mailänder Verlegerin Inge Feltrinelli einmal gesagt hat, in erster Linie ‚den Kunden verführen’ wollen. Manche sind architektonische Wunderwerke, manche verwinkelte Refugien, manche stabile Bollwerke gegen den Zeitgeist, manche kreative Zentren voller Überraschungen.“
Es ist nicht vermessen oder verkehrt, diese Kriterien auch an Verlage anzulegen. Der ansonsten von mir sehr geschätzte Verleger Jochen Jung meinte kürzlich, dass Bücher „durchaus nicht im herkömmlichen Sinn schön sein müssen“, sie bezögen „ihr Geheimnis, ihre Anziehung, ihre Anstiftung zur Begeisterung ausschließlich vom Text“. Und die Überlebenschancen des Buchhandels hingen „an den Texten (und nicht an ihrer Verpackung)“.
Ist das wirklich so? Dann könnten wir uns ja gestalterisch auf beliebige Massenware beschränken, bräuchten wir uns über irgendeinen Anspruch an „Schönheit“ keine großen Gedanken machen. Ich glaube jedoch, dass Cover und Papier, Ausstattung und gestalterische Kreativität, die spürbare Schönheit und der Inhalt über das Überleben des gedruckten Buches entscheiden werden. Dass gerade gute Bücher auch schön sein sollen. Das Buch als Gesamtkunstwerk also. Und dies entscheidet, ganz nebenbei, auch über das Überleben dieses Verlages.
Der Wunsch, jede Saison aufs neue eine kleine Welt aus schönen Büchern zu schaffen, mag anachronistisch sein. Doch für mich sind Bücher eben materialisierte Poesie, bewegt von starken Gefühlen, von Phantasie und Seele. Sie müssen dezidiert ästhetischen Ansprüchen folgen. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, wenn ich Ihnen sage, dass die Bücher aus meinem Verlag nicht nur schön zu lesen sein, sondern auch gut in der Hand liegen und die Sinne erfreuen sollen. Ihnen wird alles gegeben, was uns möglich ist. Und das ist nicht wenig. An Originalität, an Liebe wird bei uns auch weiterhin nicht gespart.
Lassen Sie sich also durchaus verführen. Und verführen Sie selbst Ihre Kundinnen und Kunden: mit Lebensfreude und Leichtigkeit. Mit phantasievollen Inszenierungen von Büchern, die das Herz berühren, ja, an die man es verlieren kann. An die man es allzu gern verlieren möchte. Weil diese Bücher wie ein Sonnenstrahl in unser Leben fallen. Der Titel des Romans Die schönste Art, sein Herz zu verlieren von Mamen Sánchez, den wir veröffentlicht haben, ist uns Programm.
Herzlichst
Ihr Johannes Thiele